Freilassing. Überwältigend, mitreißend und einmalig, diese Attribute treffen auf das Konzert von Gospelspirit in der Kreuzkirche zu. Einmalig auch deswegen, weil Schlagzeuger, Sänger, Pianist und Chorleiter Klaus Ackermann zusammen mit seiner bezaubernden Frau Stephanie Weissenberger in seine Heimat nach Freilassing gekommen ist, um mit dem Chor vor dem Konzert zu arbeiten und den letzten Feinschliff an die Gospelsongs zu legen (Wir berichten gesondert). Gospelspirit, das sind begeisterte Sängerinnen und Sänger unter der Leitung von Anja Hager, einschließlich einiger Solostimmen. Thomas Müller und Walter Gruber begleiteten den Gesang am Band-Piano und an der Cajon, sowie anderen Schlagwerkinstrumenten.
Mit „Come, let us sing“ zogen der Chor ein und verteilte dabei den Text an die Besucher, so dass bereits hier alle mitsingen konnten. Eingehüllt in die Klänge dieses ersten Songs hörten die Besucher anschließend - auch wieder unter der Leitung von Chorleiterin Anja Hager - „Ain’t judging no man“, ein Plädoyer dafür, keinen Menschen für das Leben, das er führt, zu verurteilen. Und die positive Botschaft ging weiter mit „Shine on me“, in dem es um die Kraft der Liebe ging. Die sauber intonierten Harmonien dieser drei Songs ebenso wie die Modulationen und die Klangfärbung, die bei den Schlussakkorden besonders schön hervortrat, wurde mit einer hinreißenden Energie bis zum Schluss durchgehalten. Man sah an ihren Bewegungen, dass die Sängerinnen und Sänger den Groove im Körper spürten, dass sie den Rhythmus lebten und gleichzeitig erlebten - und das übertrug sich ohne Zeitverzögerung auf das Publikum, das nach jedem Song jubelnd seine Begeisterung kundtat. Auch während der Songs setzten sich die Schwingungen der Musik in einem unaufhaltsamen Wogen in den Kirchenraum fort.
Anja Hager stellte Klaus Ackermann vor - eigentlich ein ehemaliges Mitglied von Gospelspirit - und verriet, dass sie seine Grundschullehrerin in der ersten Klasse war. Sie freue sich, jetzt umgekehrt etwas von ihm lernen zu dürfen. Auf die Frage, was ihm besonders Spaß an der Chorarbeit mache, sagte er: „Diese Energie, wenn eine Gruppe von Menschen gemeinsam voller Freude singt und dadurch in eine andere Sphäre gelangt. Musik kann uns Emotionen bescheren, die sonst nirgends zu finden sind. Die Liedschreiberin Miriam Schäfer habe gesagt, Gospel sei sogar mehr als Musik. Haben Sie Spaß und Mut.“
„Freilassing singt Gospel“ - das Konzept, dass eine ganze Stadt zu einem großen Gospelchor unter der Leitung von Klaus Ackermann wird, hat dieser auch schon in der Stuttgarter Gegend mehrfach erfolgreich praktiziert. „Es geht nicht um Perfektion, sondern um die Freude am gemeinsamen Singen“ versucht Ackermann die Herausforderung für das Publikum möglichst gering zu halten. Das war aber gar nicht nötig, denn augenscheinlich musste sich niemand überwinden - alle im Kirchenraum wurden beim Mitsingteil zu einem riesigen Klangkörper, der die Songs mit Hilfe von Textblättern begeistert mitsang. „Amazing Grace“, He’s got the whole world in his hands“, das „Hallelujah“ von Leonard Cohen, „Down by the Riverside“, This little Light of Mine“, „Amen“ - alles erklang unter der professionellen und motivierenden Anleitung von Klaus Ackermann wie lange geprobt. „Marvelous“ gelang sogar dreistimmig.
Klaus Ackermann drehte das Piano abwechselnd zum Chor und zum Publikum, und nach „Come, now is the time to worship“ mit starker Dynamik und einem traumhaften Pianissimo am Schluss bat er zu „Immanuel“ Sängerin Stephanie Weissenberger auf die Bühne. Ihre Stimme überwältigte - für jede Stimmungslage hatte sie eine besondere Färbung bereit, und wer den Workshop erleben durfte, konnte nicht nur gefühlsmäßig identifizieren, was sie damit ausdrücken wollte. Vom leisesten Piano bis zum lautesten Vocal Break mit Overdrive- oder Edge-Modus war alles im richtigen Moment eingesetzt. Sie sang wunderbare Soli zusammen mit Klaus, aber auch mit dem Chor, und selbst wenn alle im Kirchenraum mitsangen, war ihre tragfähige Stimme noch wunderschön darüber zu hören. Gänsehaut pur - aber ebenso auch wegen der kraftvollen Botschaft, die hier verkündet wurde, nämlich im Sinne der Liebe und für eine gerechte Welt voller Frieden für alle - gemäß der Jahreslosung „Suche Frieden und jage ihm nach“ aus Psalm 34, 15.
Genau deshalb hatte Klaus Ackermann John Lennons „Imagine“ und das anschließende „Give Peace a Chance“ zum Mitsingen ausgewählt, wie er erklärte und sich dabei auf Jesus und seine Offenheit allen Menschen gegenüber bezog. So geriet dieses Konzert zu einem andächtig-stimmungsvollen Gottesdienst. Im selben Sinne sang Gospelspirit „I go to the Rock“, Let us stand“,„Put your hand“ und „Teardrops“ mit einer tief-gehenden Botschaft.
“You will never be the same since you cried and call my name,“ sangen sie - und auch das Publikum war nach dem Konzert nicht mehr das selbe. Veränderung durch Liebe - vielleicht schafft es die Musik?
Vor den Zugaben - „Time to celebrate“ und „We are the World“ mit Soli und zum Mitsingen - gab es Blumen für Anja Hager und Stephanie Weissenberger sowie besondere, anlassbezogene Geschenke für Klaus Ackermann. Nach dem Segen durch Pfarrer Ewald Seißler zog Gospelspirit traditionsgemäß mit dem „Irischen Segen“ aus.
Brigitte Janoschka