ADVENT im WEIHNACHTSLAND

Einmal das „Weihnachtsland“ besuchen mit seinen besonderen Weihnachtsmärkten und -traditionen. Gibt es das wirklich? Die Senioren der evangelisch-lutherischen Kirche haben sich auf den Weg gemacht und fanden es im schönen sagenhaften Erzgebirge.

Im verschneiten Oberwiesenthal, der mit fast 1.000 Metern höchstgelegenen Stadt in Deutschland in unserem 4-Sterne-Hotel angekommen, wurden wir herzlich mit einem Glühwein willkommen geheißen. Nach einer geruhsamen Nacht und einem reichhaltigen Frühstück startete unsere Gruppe voller Erwartungen in unseren ersten Ausflugstag durchs Erzgebirge. Ein kurzer Stop wurde im Tal der Sehma am „Frohnauer Hammer“ eingelegt, eines von nur drei erhaltenen der ehemals mehr als 100 Eisenhammerwerken des Erzgebirges. Weiter führte uns der Weg zum Besucherbergwerk „Markus-Röhling-Stolln“, ein Zeitzeugnis der einst regen Bergbautätigkeit. Mit Schutzkleidung und Helm ausgestattet fuhren wir in Begleitung unseres Lok-Führers, der uns auch durch den Stollen führte, 600 m mit der Grubenbahn in die faszinierende Welt unter Tage. Nach weiteren 500 Metern zu Fuß konnten wir durch die kompetenten Erklärungen des ehemaligen Bergmannes annähernd nachvollziehen, mit wieviel Schweiß und Mühe die Arbeit im ehemaligen Silber-, Kobalt- und Uranbergbau verbunden war. Zum Dank wurde ihm im ehemaligen Maschinenraum des Bergwerks, welcher heute für Festlichkeiten mit besonderer Atmosphäre wie zum Beispiel die Traditionsmettenschicht zur Verfügung steht, das von Günter Müller angestimmte „Steigerlied“ gesungen. Nach der Ausfahrt verabschiedete man sich mit einem gegenseitigen „Glück Auf“.

Auf dem Weg zum Spielzeugdorf Seiffen wurde in Annaberg-Buchholz, der Hauptstadt des Erzgebirges, die prächtige St. Annenkirche besichtigt, in deren Turm als einziger Kirchturm in Deutschland immer noch eine Türmerfamilie wohnt. Ursprünglich als katholisches Gotteshaus errichtet, wurde sie 1539 evangelisch-lutherisch. Sie ist Wahrzeichen der Stadt und weithin sichtbar.

Seiffen, der Ort der Holzkünstler, der Spielzeugmacher und deren Schauwerkstätten, hat nur 2.300 Einwohner, aber jedes Jahr kommen eine halbe Million Touristen hierher, denn „nirgendwo ist Weihnachten so schön wie hier“. Beim Bummel durch den Ort wurde auch so mancher in den Weihnachtshütten fündig und hat für die Lieben daheim oder als Souvenir ein Räuchermännchen, eine kleine Pyramide, einen der beliebten musizierenden Weihnachtsengel oder einen Schwibbogen als Fensterschmuck erworben. Die achteckige Seiffener Kirche, eine der berühmtesten Kirchen der Welt, die dank der fleißigen Spielzeugmacher millionenfach nachgestaltet wurde, erschloss sich uns bei einer kleinen Führung mit dem in festlicher Bergmannstracht gekleideten Pfarrer. Dieser ließ es sich auch nicht nehmen, an der Orgel das Lied „Macht hoch die Tür“ anzustimmen, während man bei der dritten Strophe als Symbol der Ewigkeits- und auch Weihnachtsfreude den sich drehenden Zimbelstern und aus dem Inneren der Orgel das Klingeln der Zimbeln bewundern konnte.

Anschließend brachte uns unser Bus, die Dunkelheit war bereits hereingebrochen, in den kleinen Ort Cranzahl, von wo aus wir mit der dampfbetriebenen Schmalspurbahn (750 mm Spurweite), der sog. „Fichtelbergbahn“, eine nächtliche Rundfahrt durch die romantische Landschaft des oberen Erzgebirges bis zur Endstation Oberwiesenthal unternahmen. Die einstündige Fahrt stetig bergan bei einem beschaulichen Tempo von 25 km/h war für alle ein überwältigendes Highlight, wie man es wahrscheinlich nur im Erzgebirge erleben kann, denn wir wurden vom warmen Schein der vorbeiziehenden Schwibbögen und den tausenden Lichtern in den Fenstern völlig in ihren Bann gezogen.

Der zweite Tag unserer Adventreise führte uns heute ins Vogtland. So ging´s gleich hoch hinauf auf den Fichtelberg, nicht zu verwechseln mit dem bayerischen Fichtelgebirge, dem mit 1.215 Metern höchsten Berg in Sachsen. Gemeinsam mit dem nahe gelegenen Klinovec auf tschechischer Seite bildet er das bedeutendste Wintersportzentrum des Erzgebirges. Nicht zuletzt hat ja Oberwiesenthal u.a. so erfolgreiche Sportler wie den mehrmaligen Skisprung-Olympiasieger Jens Weißflog, den Skilangläufer René Sommerfeldt, die Rodlerin Sylke Otto oder die Nordischen Kombinierer Björn Kircheisen und Eric Frenzel hervorgebracht. Seit dem Jahr 2009 läutet auf dem Fichtelberg eine Kirchenglocke, die als Denkmal der Einheit Deutschlands gelten und bis ins benachbarte Tschechien zu hören sein soll. Der grandiose Rundblick umfasst weite Teile des mittleren Erzgebirges und reicht ostwärts bis in die Berge des Böhmischen Mittelgebirges.

Auf der „Silberstraße“ bewegten wir uns dann weiter in westlicher Richtung durch das idyllische Vogtland mit seinen Feldern, Wiesen und bewaldeten Hügelkuppen und seiner Kreisstadt Plauen, der wir auch einen Besuch abstatteten. Wir lernten die „klingende“ Ferienregion kennen mit ihrem weltbekannten Musikinstrumentenbau. Der bekannteste Vertreter ist sicherlich Gottfried Silbermann, der in den Jahren 1710 bis 1714 seine erste und größte Orgel im sächsischen Freiberger Dom erbaute.

Im 15. Jh. erhielten die Gebrüder Schorer das Recht, eine Glashütte im Wald anzulegen. Dieses Privileg enthielt, wie damals üblich, auch das Brau- und Schankrecht. Der Ort Wernesgrün wurde gegründet und mit der Übernahme der Familie Günnel 1762 und zwölf Jahre später durch die Familie Männel begann die Entwicklung der Wernesgrüner Brauerei. Seit 2002 gehört sie zur Bitburger Gruppe. Während einer Führung durften wir hinter die Kulissen blicken und spannende Einblicke in die einzelnen Brauprozesse gewinnen. Natürlich durfte auch ein geschmackvoller Abschluss nicht fehlen.

Ein weiterer Höhepunkt unserer Reise war sicherlich auch ein Besuch der „Spitzenstadt“ Plauen mit ihrem schönen Weihnachtsmarkt und dem alten Rathaus aus dem 14. Jh. Mit seinem Renaissance-Giebel und der Kunstuhr gilt es als Wahrzeichen der Stadt. Erzeugnisse aus Plauener Spitze haben die Stadt und ihre Stickereiindustrie weltbekannt gemacht und so hat manch einer unserer Gruppe eine der wunderschönen filigranen Stick- oder Klöppelarbeiten für den heimischen Christbaum oder als Fensterschmuck mitgenommen.

Vor Einbruch der Dunkelheit, wichtig für die Fotografen, erreichten wir noch die als Wahrzeichen des Vogtlandes geltende gigantische Göltzschtalbrücke, mit deren Bau 1846 begonnen wurde. Sie gilt als die größte Ziegelsteinbrücke der Welt. Der Viadukt mit insgesamt 98 Bögen und einer Höhe von 78 Metern überspannt zweigleisig auf der Bahnstrecke Leipzig - Hof das Tal der Göltzsch und besteht aus 26 Millionen Ziegeln, die Baukosten betrugen circa 2,2 Millionen Taler, das sind 6,6 Millionen Goldmark.

Als TOP im Programm angekündigt war dann das „Erdschweinessen“ mit Pistenblick in der Erzgebirgshütte des Ahorn-Hotels am Fichtelberg. Dabei gart in einem zwei Meter tiefen Erdschweinofen das Schwein zu einem ganz besonderen Leckerbissen. Folienkartoffeln, Steinkrautsalat und Verdauungsschnaps ergänzten zur Freude der Gäste das „saustarke“ und „schweineleckere“ Menü, ganz nebenbei noch mit einem tollen Blick auf Oberwiesenthal und über das Erzgebirge.

Am vierten Tag hieß es Abschied nehmen vom sächsischen Erzgebirge um die Heimreise anzutreten. Diese führte uns über Karlsbad, der böhmischen Stadt Karlovy Vary, einer der berühmtesten und traditionsreichsten Kurorte der Welt. In den gut erhaltenen historischen Kureinrichtungen befinden sich Kolonnaden mit Heilbrunnen, deren Temperatur teilweise über 60° liegt und die so mancher selbst fühlen wollte. Aber durch Erfahrung wird man klug und die Hand wurde schnell wieder herausgezogen. Auch der Weihnachtsmarkt in Karlsbad lud uns zu einem Kurzbesuch ein und so konnte man natürlich an der weithin bekannten Spezialität, den Karlsbader Oblaten, nicht einfach nur „achtlos“ vorbeigehen.

Zur kurzweiligen Unterhaltung während der Heimfahrt und zur Freude der Mitreisenden trug Anneliese Dietl mit ihren selbst verfassten lustigen aber auch besinnlichen Gedichten bei.

Wieder gut zuhause angekommen, verabschiedete Günter Müller alle Reiseteilnehmer mit einem Reisesegen und mit guten Wünschen für das bevorstehende Weihnachtsfest. Die beste Vorbereitung dafür haben wir ja, laut einhelliger Meinung, mit unserer Reise in der Vorweihnachtszeit in das adventliche Erzgebirge mit seinen Schwibbögen und vielen Lichtern in den Fenstern, mit seinen traditionellen Pyramiden in jedem Ort, mit seinem bergmännischen Brauchtum und mit den mit viel Liebe zum Detail errichteten Weihnachtshütten erleben dürfen.

Text und Bilder: Marianne Müller

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