Am 28. Februar hat mir Pfarrer Seißler einen Aufruf zum Friedensgebet weitergeleitet und dabei die Frage gestellt "Sollten wir nicht übergangsweise ukrainische Kriegsflüchtlinge im Gemeindehaus aufnehmen?" Diese Frage habe ich an den Kirchenvorstand und den Jugendausschuss (dem "gehören" die Räume im OG) weitergeleitet. Die Antwort beider Gremien war eindeutig: Eine breite Zustimmung für den Vorschlag. Christa Jesse und ich haben das Thema dann weiterverfolgt und unsere Räume der Koordinationsgruppe am Landratsamt angeboten.
Ab dann ging alles ganz schnell. Unser Angebot wurde vom Landratsamt angenommen und über die Katastrophenhilfe beim Landratsamt konnten wir zehn Gästebetten samt Bettwäsche und Handtücher als Ausstattung erhalten, diese wurden am 9. März geliefert. Auf einen Email-Aufruf über unseren Mitarbeiter-Verteiler kamen am selben Tag acht Gemeindemitglieder zusammen, um die beiden vorgesehenen Räume auszuräumen. Den Billardtisch mussten wir aus Platzgründen einlagern, aber einer der beiden Gruppenräume im Erdgeschoß wurde vorrübergehend als Jugendraum umgestaltet, mit Couch und Kicker. Einige Möbelteile wurden auch nach Mitterfelden ins Gemeindezentrum gebracht. Die beiden Räume haben wir neben den Betten jeweils mit einer einfachen Couch, einem Tisch und einigen Stühlen sowie einem Kleiderschrank ausgestattet. Die Firma Eletro Kaiser stellte auf Anfrage von Pfr. Seißler eine neue Waschmaschine als Spende zur Verfügung, die inzwischen auch schon aufgestellt wurde. Herzlichen Dank für diese schnelle und unkomlizierte Hilfe!
Die Unterkunft besteht nun aus zwei Zimmern mit jeweils 5 Betten, dazu zwei Toiletten für Männer und Frauen, jeweils mit Dusche, und einem Gemeinschaftsraum mit Küchenzeile. Alle Räume befinden sich im Obergeschoß des Gemeindehauses, der Betrieb im Erdgeschoß ist dadurch nicht beeiträchtigt. Mit Stand 11. März warten wir nun darauf, dass uns das Landratsamt Flüchtlingsfamilien aus der Ukraine zuweist. Am 12.3. Abends kam dann die erste Familie an (3 Erwachsene und 3 Kinder) und wurde von einigen Helfern aus der Gemeinde empfangen. Durch die große Hilfsbereitschaft sind Lebensmittel im Überfluss vorhanden, und einige unserer russisch sprechenden Gemeindemitglieder helfen bei der Verständigung und den nun anstehenden Behördengängen. Vermutlich im Lauf der darauffolgenden Woche wird auch der zweite Raum belegt werden.
Für mich waren die letzten Tage mit einigem Stress verbunden. Aber es tat auch gut zu erleben, wie so viele Menschen ganz unkompliziert und mit gutem Willen zusammen arbeiten, um aus einer Idee konkrete Hilfe werden zu lassen. Ich bin beeindruckt, wie der Ukrainekrieg in Politik und Gesellschaft Veränderungen bewirkt, die ich kaum für möglich gehalten hätte.
Text und Fotos: Gerhard Mühlbauer