Neutraler Blick auf die Geschichte
Ausstellung „500 Jahre Martin Luther“ im Ainringer Rathaus
Mitterfelden. – Ein Tag der Begegnung von Kommunalpolitik, Polizei und Kirche war die Ausstellungseröffnung zum Thema „Erinnerungsjahr 2017 – 500 Jahre Martin Luther“ im Foyer des Rathauses Ainring. Zum 500. Jubiläum der Reformation kann man sich an den Schaubildern auf die Spuren Martin Luthers begeben. Dabei geht es über die Herkunft des Mönches, seine Lebenswelt, den Beginn der Reformation (Kritik am Ablasshandel), die Bibelübersetzung und die weitreichenden Folgen der reformatorischen Bewegung. Pfarrer Werner Buckel informierte in seiner Rede über die Vergangenheit bis hinein in die Gegenwart. Geladene Gäste erhielten noch eine Führung in der Dauerausstellung im Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei zur Geschichte des ehemaligen Regierungsflughafen Ainring.
Die Ausstellung „Martin Luther – 500 Jahre Reformation“ ist während der Öffnungszeiten des Ainringer Rathauses bis Ende August zu besichtigen. Eine Unterbrechung gibt beim ökumenischen Pfarrfest am 23. Juli, dann wird die Ausstellung im Gemeindezentrum „Auferstehungskirche“ präsentiert.
Hausherr 1. Bürgermeister Hans Eschlberger, war es vorbehalten einführende Worte zu sprechen. Er dankte zunächst Pfarrer Werner Buckel, der die Ausstellung initiiert hatte. Eine besondere Freude war für ihn die seine Kollegen Bürgermeister Bernhard Kern aus Saaldorf-Surheim und 2. Bürgermeister Norbert Schader aus Teisendorf begrüßen zu dürfen. Buckel war von 1986 bis 2001 Seelsorger im niederbayerischen Markt Fürstenzell und die Verbundenheit sei geblieben, daher war auch der dortige Bürgermeister Manfred Hammer zur Ausstellungseröffnung angereist. Unter den Gästen waren Leitender Polizeidirektor Johann Peter Holzner vom Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei, Pfarrer in Ruhe Peter Albers sowie die ehemalige Gemeindearchivarin Dr. phil. Mag. Doris Spickenreuther.
Eschlberger sprach kurz vor der Eröffnung mit einem Gast, dieser erzählte 1946 war er der einzige Evangelische in der Schule. In der Klasse zeigte damals der Pfarrer mit dem Finger auf ihn und sagte: „Schaut’s dahin der hat keinen Glauben!“
Der Rathauschef meinte, dies sei jedoch längst Vergangenheit und heute sei es selbstverständlich, dass man den Glauben gemeinsam pflege. „Christliche Werte trägt die evangelische genauso, wie die katholische Seite.“
Der erste evangelische Gottesdienst habe vor 70 Jahren in einem provisorisch hergerichteten Lehrsaal im damals sogenannten Führerhaus stattgefunden. „Genau 110 Jahre ist es her, da wurden für unsere Gemeinde ganze drei Bürger evangelischen Glaubens registriert“. Luther hatte 95 Thesen, das Gemeindeoberhaupt hatte fünf eigene Thesen parat.
Es gehe wesentlich um christliche Werte in einem gut geordneten Staat. Als zweites, Menschen haben in den kleinsten politischen Einheiten, in den Städten und Gemeinden sich in jeder Hinsicht stark und lebenswert gemacht.
Der dritte Punkt sei im Zeitalter der Globalisierung wachse die Sehnsucht nach Nähe und Vertrautheit, hier seien Kirchen und Kommunen dabei die klassischen zwei Seiten einer Medaille. Von der Geburt über Kindergarten, Schule, Heirat bis hin zum Tod seien die Lebenssituationen der Menschen, so die vierte These. „Kirchen und Kommunen sind Nährboden und damit Lebensgrundlage für vielfältiges ehrenamtliches Engagement und für ein gutes Miteinand in unserer Gesellschaft“, betonte Eschlberger.
Er zeigte sich erfreut über die Ausstellung im Ainringer Rathaus. Er zitierte einige bekannte Luther-Worte und gab dazu Erläuterungen. Am Schluss seiner Ausführungen sagte er den Luthersatz: „Tritt fest auf, mach’s Maul auf und hör bald wieder auf.“
Zu 500 Jahre Reformation referierte anschließend der evangelisch-lutherische Pfarrer Werner Buckel, der hervorhob, dass die Ausstellung am Tag der Kirchenfürsten Peter und Paul eröffnet werde. Die Schau gebe es bereits seit dem 1. Januar beim Auswärtigen Amt in Berlin und die Bunderegierung habe diese in Auftrag gegeben. Er habe aus 34 Exponaten ausgewählt und entschieden, es sei das Beste was auf dem Markt sei. „Das Besondere an der Ausstellung ist, sie geht sehr objektiv mit der Geschichte um. Ich denke es ist ein sehr wichtiger Faktor, wie wir mit Geschichte umgehen. Die Reformation hat natürlich zunächst eine kirchliche, konfessionelle, religiöse Dimension gehabt. Durch Glaubenskriege im 16. und 17. Jahrhundert ist vieles verschütt gegangen, was eigentlich der Anlass der Reformation war“ Das Gewand etwa der evangelischen Pfarrer, das sei Beamtentalar. Luther selbst habe die weiße Albe getragen, den Chorrock und den Talar darunter sowie die Stola. Luther hatte den Beichtstuhl und als drittes Sakrament die Beichte. Nach 1945 habe eine große Flüchtlingswelle im Freistaat Bayern eingesetzt. Man habe damals bewusst katholische Christen und Christinnen in evangelischen Gebieten angesiedelt und umgekehrt. Buckel rief in Erinnerung, dass 1948 im niederbayerischen Fürstenzell die Schwiegermutter eines Pfarrgemeinderatsmitglieds außerhalb der Friedhofsmauer beerdigt wurde, es durften keine evangelischen Christen in den Friedhof. Buckels Vorfahren kommen aus Mittelfranken und damals habe es geheißen, die Katholischen die haben so viel zu beichten, weil die rennen in der früh um sieben Uhr in die Kirche. Sich mit Geschichte zu beschäftigen, sei oft unbequem, weil man sich lieber mit der Geschichte anderer beschäftige. Heute habe sich vieles geändert, auch vor Ort, vieles sei selbstverständlich geworden. Die Seelsorge der beiden Kirchen, sei es bei der Polizei, beim Militär, in den Krankenhäusern oder das gegenseitige Benutzen der Kirchen. In Ainring erlebte es Pfarrer Buckel zur vollsten Zufriedenheit, weil man erkannt habe, ein Stück weit, die Reformation damals, Jesus Christus sei der Ursprung alles Glaubens.
„Der Anlass der Reformation war die Grundfrage Luthers, wie bekomme ich eine Nähe zu Gott? Wie stehe ich als Einzelner, als Individuum vor Gott? Die Gesellschaft war ein Kollektiv, der Einzelne war nichts“, erläuterte der Redner. Bezogen auf das Jetzt meinte er, man lebe in einer gnadenlosen Zeit, wo Kindern schon einoktryiert werde, sie seien Genies, ,müssten aber Leistung erbringen und nannte dazu Beispiele.
In der Zeit, in der man lebe, sowohl politisch, ethnisch und religiös, die Gesellschaft lebe unter Druck. Immer schneller gehe es,, ein Beispiel sei die Digitalisierung. Auch zu dem Thema „Ehe für alle“ nahm er kurz Stellung und sprach von Wahlkampf. Weiter sprach er über Leistungsdruck im Ethnischen, über Schöpfung über Ideologien.
„Wie bekomme ich Gnade, kann ich gnädig leben, das war die Fragestellung von Luther. Etwas was uns helfen soll, im Privaten, aber auch im Zusammenleben in der Gesellschaft. Wenn wir dieses Wort Gnade nicht nur in unserem Mund nehmen, sondern heute, Gott sei Dank, im Mund aller Christinnen und Christen.
Zu den ausgestellten Folien gab Pfarrer Werner Buckel der Reihe nach Erklärungen. Gleich neben dem Eingang ist die Luther-Rose dazu gebe es eine einfache banale Erklärung: Martin Luther ist 1505 in das Augustinerkloster in Erfurt eingetreten. Die Preisteramtskandidaten hatten in der Klosterkirchen einen bestimmten Platz. Luther Blick ging im Chorraum auf ein Fenster mit einer Rose. Als 1507 es zur Priesterweihe kam, wurde ihm von dem Theologen und Förderer Johann von Staupitz (ist in St. Peter Salzburg beerdigt) gesagt, als Priester müsse er ein Wappen haben. Ohne viel nachzudenken entschied sich der junge Luther für die Rose.
In der Ausstellung werden thematisiert: „Glaube um 1500“, „Ablasshandel“, „Mönch, Prediger, Theologe“, „95 Thesen“, „Luthers Leben“, „Luthers Bibel“, „Mönch gegen Kaiser“, „Katharina + Martin“, „Luthers Abgründe“, „Krieg der Bilder“, „Kindheit und Jugend“, „Mönch und Gelehrter“, „Luthers Leben“ und „Protestantische Vielfalt“.
Der Seelsorger wies darauf hin, dass er am 13. November in Freilassing einen Vortrag zu „Die Reformation Versagen und Chancen“ halte.
Die Anwesenden applaudierten zu den ausführlichen Darlegungen.
Bürgermeister Eschlberger betonte, Frau Dr. Spickenreuther habe sich am Vortag intensiv mit der Geschichte des Protestantismus auseinander gesetzt. Sie schilderte, vor dem 16. Jahrhundert habe ein Panicher von Wolkersdorf, der letzte seines Stammes mit Sitz in Waging, das Steingütl Kugelmühle und die Wirtstavern Marxngütl (später Zellerhof) besessen. Wegen dem Konvertieren zum protestantischen Glauben kassierte der Salzburger Hofurabr die Lehen und der Erzbischof veranlasste Die Ausweisung von Panicher.
Die Besucher informierten sich anschließend über die Ausstellung. Für geladene Gäste gab es eine Führung im Keller des Fortbildungsinstituts der Bayerischen Polizei zur Geschichte des Flughafens Mitterfelden, wozu der Chef der Einrichtung Johann-Peter Holzner und 1. Bürgermeister Hans Eschlberger Erläuterungen gaben.
Andreas Pils